Diesmal kam eine japanische Freundin mit mir nach Tohoku. Wir mieteten Fahrrad beim Bahnhof Kesennuma und fuhren fast die gleiche Route wie ich vor zwei Jahren gewählt hatte. Aber zuerst gingen wir zum Café Mambo, erstens um uns mit Frau Megoi Kajiwara zu treffen, zweitens um dort die bekannte Mambo-Rahmen, eine einfache, aber feine Nudelsuppe, zu kosten.
Die Nachricht, dass das Café aus der provisorischen Einkaufsstrasse auszog und in einem neuen Ort wiedereröffnet wurde, hatte mich in der Schweiz bereits erreicht. Ich kenne das Café Mambo vor der Tsunami-Katastrophe nicht, aber es sieht fast gleich aus wie früher, heisst es.
Laut Frau Kajiwara kommen die Leute, die Kesennuma nach der Katastrophe verlassen haben, kommen nicht mehr zurück. Sie kennt aber unter Zurückgebliebenen jemanden, der sein vom Tsunami zerstörtes Haus selber gereinigt und repariert hat. Aber „als das Haus wieder bewohnbar wurde, wurde ihm mitgeteilt, dass man auf diesem Grundstück nicht mehr wohnen darf. Die Behörde wolle dort einen Park anlegen.“
Nach dem Mittagessen fuhren wir mit dem Fahrrad los. Zuerst in Richtung Shishiori, die Stadtteil, in die die riesigen Wellen das riesige Schiff hineingetrieben haben. Das Schiff war inzwischen abgebaut worden. Eine Mehrheit der Bewohner wollte es nicht mehr sehen. Frau Kajiwara hatte die Abbauarbeit beobachtet. „Es ging sehr rasch.“
Heute ist die Gegend eine Baustelle. Eine neue provisorische Strasse wurde bereits gebaut, links und rechts wurde die Erde meterhoch geschüttert und gestampft. Die Seitenstrasse, an der vor zwei Jahren vom Salzwasser verrostete Wagen aufeinander gestapelt worden waren, war heute wegen der Erhöhungsarbeit gesperrt. Zahlreiche Lastwagen, auch ausserhalb der Präfektur, fuhren ununterbrochen rein und raus.
Im Stadtviertel zwischen den Fluss Okawa und der Bucht von Kesennuma sieht man auch überall aufgeschüttete Erdefelder. Vor zwei Jahren sah ich hier noch hie und da Fundamente, zerstörte Fabriken und erhöhte Strassen. Und sausende Lastwagen. Heute wirkt hier eher ruhig, nur Bagger arbeiten fleissig.
Sanjido-Sasaki, den Keramikladen mit einem traditionellen Lagerhaus, besuchte ich wieder und kaufte mir ein Set von Teeschalen. Allerdings benütze ich sie als Reisschale. Seither schmeckt der japanischen Reis noch lecker!
Frau Sasaki, die mich bediente, erinnerte sich nicht mehr an mich, aber fand meinen Namen in einem ihrer Notizbücher, in denen sie den Namen aller Besucher aufgeschrieben hatte. Wir unterhielten uns für eine Weile, während sie uns immer wieder Tee servierte. Das Lagerhaus war vor zwei Jahren wirklich ein Lager, aber heute ist es zur Galerie verwandelt und das Ehepaar war an der Vorbereitung für eine Ausstellung ihres Kollegens.
Die Stadt Kesennua will insgesamt auf einer Fläche von 74.3 ha wiederaufbauen. Sie wird bis auf 5.5 m ü.M. für die Wohn-, Geschäfts- sowie Industriezone erhöht.
zum Vergleich Kesennuma 2012 und 2014
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