Monat: Januar 2012

Elf Menschen leben in der Evakuierungszone

Nikkei-Zeitung berichtete am 16. Januar, dass trotz mehrmaliger Aufforderung zur Evakuierung elf Menschen in einem Umkreis von 20 km um das Kernkraftwerk Fukushima I zurückbleiben.

In der Stadt Tamura wohnt ein Ehepaar in den 50ern mit ihrem Bekannten in den 50ern und ihrem Verwandten in den 80ern zusammen in einem Haus. Laut dieses Bekannten ist der gesundheitliche Zustand bei zwei Personen so schlecht, dass sie sich besser nicht bewegen und dort bleiben sollen.

In Tomioka bleibt ein Mann in den 50ern alleine zurück. Zu Hause hat er weder Strom noch Wasser. In Naraha lebt eine Frau über 90 mit ihrer Tochter und deren Ehemann. In der selben Gemeinde wohnt noch ein Mann in den 70ern allein. Auch in Kawauchi wohnt eine Frau in den 80ern und 50ern jeweils eigenständig.

Das Ministerium für Erziehung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie, MEXT, schätzt die integrale Strahlendosis in den Gemeinden innerhalb der Evakuierungszone wie folgend (Stand 11. Dez. 2011) :

Tomioka-machi: 10.5 – 91.5 mSv, Naraha-machi: 3.9 – 11.8 mSv, Kawauchi-mura: 6.0 – 8.8 mSv,

Tamura-shi: 5.1 – 5.9 mSv

Immer weniger Freiwillige Helfer

Nach den verheerenden Erdbeben und Tsunami kamen mindestens 900’000 Menschen zum Katastrophengebiet, um dort aufzuräumen und in Not geratenen Menschen zu helfen. In der Ferienwoche im Mai arbeiteten 10’000 Menschen pro Tag in den Präfekturen Iwate, Miyagi und Fukushima freiwillig.

Gemäss einem Bericht der Asahi-Zeitung vom 13. Januar ist die Zahl der Freiwilligen heute, 10 Monate danach, bis auf ein Zehntel zurückgegangen und nur noch 1’000 Menschen in einem Tag beschäftigen sich in der Region.

Die gemeinnützige Organisation „Japan National Council of Social Welfare“, die die Untersuchung durchführte, sieht den Grund des Rückgangs darin, dass es immer weniger Aufräumarbeit gibt. Für diese Arbeit werden die meisten Helfer eingesetzt.

Nach dem Erdbeben von Kobe (1995) haben schätzungsweise 1,34 Millionen freiwillige Helferinnen und Helfer während zehn Monaten verschiedene Aufgaben vor Ort übernommen. An der Spitzenzeit waren 20’000 Menschen in einem Tag in und um Kobe beschäftigt. Aber nach zehn Monaten wurden es lediglich ca. 600 pro Tag.

Grenzwerte für radioaktiv belastete Lebensmittel gesenkt

Das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt kündigte Ende letzten Jahres an, für radioaktiv belastete Lebensmittel ab April neue Grenzwerte anzuwenden. Die Strahlenbelastung durch das Lebensmittel sollte 1 mSv in einem Jahr beschränkt werden. Ein Entwurf unter dieser Bedingung sieht wie folgend aus:

Gemüse, Getreide, Fleisch, Fisch, Ei, etc. : 100 Becquerel/kg (heute: 500 Bq/kg)

Trinkwasser: 10 Becquerel/kg (heute: 200 Bq/kg)

Milch: 50 Becquerel/kg (heute: 200 Bq/kg)

Säuglingsernährung: 50 Becquerel/kg

65’000 Menschen weniger in Tohoku

Asahi-Zeitung hat die Einwohnerzahlen von den Präfekturen Iwate, Miyagi und Fukushima vor und

Kesennuma, Miyagi, Ende Dezember 2011. Foto: Hotate Kajiwara

Kesennuma, Miyagi, Ende Dezember 2011. Foto: Hotate Kajiwara

nach der Katastrophe verglichen. Von 45 Gemeinden sind total 65’000 Menschen weggegangen, um in anderen Regionen einen Zufluchtsort zu suchen. Die Rückgangsrate liegt bei ca. 2%, die Zahl ist zum Teil 10-fach höher als letztes Jahr. Knapp 80% der Flüchtlinge sind unter 30 Jahre alt.

Aus dem Küstengebiet von Miyagi sind 21’000 ihr Eigenheim verlassen. Davon ist die Hälfte zwischen 20 und 30 Jahre jung.

Hingegen bekam die Stadt Sendai, in der dank des zügigen Wiederaufbaus viele Arbeitsplätze generiert worden sind, 6’180 mehr Einwohner als früher.

Kesennuma_shotengaiDie Präfektur Fukushima hat wegen des Atomunfalls 31’000 Einwohner verloren. Rund 90% sind jünger als 30. In Iwate sind 13’000 Bewohner aus der Küstenregion geflüchtet.

Die Stadt Kesennuma in der Präfektur Miyagi bekam immerhin wieder ihre Einkaufsstrasse. Sie besteht aus provisorisch gebauten Fertighäusern. Über 50 Geschäfte haben am 24. Dezember 2011 ihre Türe neu geöffnet.

Satoru Kikuta, der Gründer der Gruppe „Ganbaro Kesennuma“, die sich für den Wiederaufbau der Stadt einsetzt, sandte mir ein paar Fotos. Das rechte Foto ist von der neuen Flanierstrasse. Der zuvorderst stehende Laden ist das Café „Manbo“, das eine fünfzigjährige Geschichte hat und am 11. März, wie unten zu sehen, völlig zerstört wurde. Kikuta schwärmt für Ramen, die japanische Nudelsuppe, von diesem beliebten Café. Sie ist einfach, aber sieht wirklich lecker aus!

Manbo_Laden Manbo_Ramen

40-jährige AKWs stilllegen

Der Minister für Atomkrisenmanagement Goshi Hosono gab am 7. Januar den Entscheid bekannt, dass in Zukunft alle Atommeilen in Japan nach vierzig Betriebsjahren stillgelegt werden sollen.

Bis jetzt mussten die Stromversorger der über 30 Jahre alten AKWs der Atomaufsichtsbehörde einen Bericht über den Sicherheitszustand vorlegen, um weitere 10 Jahren das Kernkraftwerk zu betreiben. Mit dem revidierten Gesetz werden nun alle AKWs vierzig Jahre nach dem Inbetriebnahme vom Netz genommen.

Heute sind zwei Reaktoren, davon Reaktor 1 vom AKW Fukushima I, bereits über vierzig Jahre alt. In fünf Jahren werden es 12. Die Revision ist in April dieses Jahres geplant.

In der Schweiz gilt ein Kernkraftwerk mit 50 Jahren als ausgedient.

9’723-mal Erdbeben in 2011

Das japanische Wetteramt hat am 5. Januar eine Statistik der Erdbeben vom letzten Jahr veröffentlicht. Demnach haben Japaner im Jahre 2011 insgesamt 9’723 Erdbeben ab Stärke 1 zu spüren bekommen. Das ist die dritthöchste Zahl seit 1926. Erdbeben ab Stärke 5 ereigneten sich im selben Jahr 68-mal, so häufig noch nie.

Bei diesem Zunahme spielt es auch eine Rolle, dass der Beobachtungsstandort immer besser ausgebaut wird. Deswegen darf man die neuesten Zahlen nicht einfach mit den vergangenen Daten vergleichen. Das Amt liess jedoch gleich verlauten, dass die japanischen Inseln nach dem grossen Erdbeben vom 11. März tatsächlich seismisch aktiver geworden sind. Das für Menschen spürbare Erdbeben könnte noch häufiger folgen.

Laut Nikkei-Zeitung ereigneten sich die meisten Erdbeben im Jahre 1966, zwar um die Präfektur Nagano herum 52’957-mal. In 2000, als auf der Insel Miyake der Vulkan Oyama ausbrach, traten 17’676-mal Erdbeben in Japan auf. Jenes ab Stärke 5 wurden im selben Jahr 45-mal registriert.

Letztes Jahr traten Erdbeben der Stärke 7 einmal, der Stärke 6 achtmal und  der Stärke 5 59-mal auf. Im Raum des Nachbebens, zwischen Iwate und der Küste von Ibaraki, schüttelte sich die Erde insgesamt 6’843-mal.