Monat: Juli 2012

Strontium in zehn Präfekturen

Am 25. Juli berichteten japanische Medien, dass in zehn verschiedenen Präfekturen Strontium 90 gefunden worden war. Der radioaktive Stoff war bis jetzt nur in Fukushima und Miyagi bekanntlich festgestellt. Nun hat das Ministerium für Erziehung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie, kurz MEXT, offen gelegt, dass Strontium 90 zwischen März und April letzten Jahres auch in Iwate, Akita Yamagata, Ibaraki, Tochigi, Gunma, Saitama, Chiba, Tokio und Kanagawa beobachtet wurde.

Das höchste Wert von  6 Bq/m2 war in der Präfektur Ibaraki (Stadt Hitachinaka) gemessen. Das ist 20-mal höher als das Maximalwert von der Periode zwischen 2000 und dem Zeitpunkt vom AKW-Unfall in Fukushima I. Es macht jedoch nur 1/60 vom Maximalwert von den 1960er Jahren aus, in denen zahlreiche atmosphärische Atomtests auf der Welt durchgeführt wurden.

Die Werte in anderen Präfekturen sind folgendes: Gunma (Stadt Maebashi) 1.9 Bq, Zamagata (Stadt Yamagata) 1.6 Bq, Tochigi (Stadt Utsunomiya), Saitama (Stadt Saitama) 1.0 Bq, Tokio (Bezirk Shinjuku) 0.89 Bq, Iwate (Stadt Morioka) 0.74 Bq, Kanagawa (Stadt Chigasaki) 0.47 Bq, Chiba (Stadt Ichihara) 0.44 Bq, Akita (Stadt Akita) 0.30 Bq.

Die Spezialisten gehen davon aus, dass das aus dem AKW Fukushima I entweichte Strontium kaum Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben würde, weil durch die besagten atmosphärischen Atomtests sich bereits einige Kilobecquerel Strontium 90 im ganzen Japan anhäuft. Allerdings ist Strontium leicht wasserlöslich und kann bis zu 60 cm tief in die Erde sowie in die Nahrungsmittel übergetragen werden.

Noch 100’000 Tonnen verseuchtes Wasser im Keller

Die Asahi-Zeitung hat am 24. Juli eine Tabelle in Bezug auf die Situation im AKW Fukushima I erstellt.

Reaktor:                      1 (gefüllt)           2 (mit Dach)        3 (ohne Dach)     4 (ohne Dach)

Temperatur am            ca. 38 ℃            ca. 50 ℃             ca. 49 ℃           Kein Brennstäbe      Boden des Druckbehälters

Temperatur des           ca. 39 ℃            ca. 49 ℃             ca. 45 ℃                      Sicherheitsbehälters

Möglicher          Fast alles in den          Mehr als die Hälfte in                                                  Zustand der      Sicherheitsbehälter    den Sicherheitsbehälter                                    Brennstäbe       gefallen                         gefallen

Kühlbecken:

Wassertemperatur          27.0 ℃              27.6 ℃              26.3 ℃            35.0 ℃

Anzahl der Brennstäbe        392                   615                    566               1’533

Verseuchltes Wasser      14’300 t            23’400 t            25’600 t     19’900 t                              im Keller

In anderen Gebäuden befinden sich zusätzlich 21’040 Tonnen verseuchtes Wasser. (Stand: 17. Juli 2012)

Die Temperatur-Daten sind vom 20. Juli, um 11 Uhr.

Gespaltene Gesellschaft

500 Tage nach dem Atomkatastrophe leben viele Familie von Fukushima getrennt. Die Asahi-Zeitung hat eine Umfrage unter den Evakuierten durchgeführt, deren Resultaten aus Stress, Einsamkeit, Wut und Unsicherheit bestehen.

Aus der Präfektur geflohen sind Mütter mit Kindern, Ehemänner bleiben zu Hause wegen der Arbeit, oder weil sie von der niedrigen Strahlenbelastung nichts halten. Die Kosten dieser freiwillige Evakuation übernimmt Tepco, der AKW-Betreiber, nicht. Von der Gemeinde erhalten auch nur wenige eine finanzielle Unterstützung. Gemäss der Untersuchung braucht die auseinander lebende Familie zusätzlich mehr als 500 Franken pro Monat.

Als Grund der Evakuation nannten die meisten Mütter die Angst vor einer negativen Auswirkung der Radioaktivität auf die Gesundheit ihrer Kinder. Viele ertragen auch nicht, dass ihre Kinder nicht draussen spielen können. Und Stress spüren nicht nur Kinder sondern auch die Mütter selbst.

Ein anderer Grund des Stresses liegt darin, dass sie von den zurückgebliebenen Heimatsleuten verleumdet werden. Sie hören zum Beispiel: „Niemand hat uns zur Evakuation gezwungen, die Mütter und Kinder haben eigenwillig die Heimat verlassen.“ Oder „die Regierung hat erklärt, dass es hier sicher ist. Warum glauben Sie es nicht?“ Oder „Ihr kommt nach der Dekontaminierung zurück, wenn Fukushima wieder sauber geworden ist?“

Die Mütter hingegen „wollen nur sorgenlos die Kinder gross ziehen“. Ein Graben sei zwischen Evakuierten und Zurückgebliebenen entstanden. Die Evakuierten machten sich Sorgen um die Zurückgebliebenen, „aber die Menschen in Fukushima wollen nichts davon wissen.“

Brennstäbe probeweise herausgenommen

Tepco hat am 18. und 19. Juli probeweise unbenutzte Brennstäbe aus dem Kühlbecken des Blocks 4 im AKW Fukushima I herausgenommen. Der Reaktor 4 war zur Zeit des Erdbebens vom 11. März 2011 wegen einer Revision vom Netz und die gesamten Brennstäbe befanden sich im Kühlbecken. 204 von insgesamt 1’535 Stäben waren unbenutzt.

Das Gebäude des Rektors 4 wurde durch eine Wasserstoffexplosion zum grossen Teil beschädigt. Für die Operation waren strengere Schutzmassnahmen nötig, weil die herausgenommenen zwei Brennstäben bei der Arbeit der freien Luft ausgesetzt wurden. Tepco verzichtete zuvor deshalb auf jegliche Angabe zur Operation.

Laut Kahoku-Shinpo, einer Regionalzeitung vom Nordjapan, kritisierte die Behörde der Präfektur Fukushima die Informationspolitik der Betreiberfirma des havarierten AKWs und sagte: „Diese erste Operation hat Aufmerksamkeit der japanischen Bevölkerung auf sich gezogen. Die Regierung und Tepco sollten daher erklären, dass der Arbeitsplan tiefstem Geheimnis bezüglich Schutz von nukleares Materials gehört, und dass sie nicht die Absicht haben, die Operation insgeheim durchzuführen.“

Barrikade in Iitate

Die Gemeinde Iitate von der Präfektur Fukushima wurde neu nach Strahlendosis in drei Zone geteilt. In nördlichen vier Bezirken wird für die in zwei Jahren geplante Rückkehr vorbereitet. Der grösste Teil der Gemeinde wurde zur beschränkten Wohnzone erklärt, wo man ohne Bewilligung eine kurze Zeit weilen kann.

Die Einwohner des im Süden liegenden Bezirks Nagadoro sind aber enttäuscht und verunsichert. An den Grenzen zum Bezirk wurde eine Barrikade errichtet, damit man nicht einfach hineinschlüpfen kann. Aber bis dahin hatten die Einwohner freien Zugang zu ihrem Heimatort.

Deshalb empört sich ein 50-Jähriger Mann aus Nagadoro: „Jetzt braucht man also die Barrikade? Was bedeuten dann bisherige ein Jahr und vier Monate (nach dem Atomunfall)?“, sagt er gegenüber der Asahi-Zeitung. Unmittelbar nach dem Unfall ist er mit seiner achtköpfigen Familie aus der Präfektur geflüchtet. Sein Dorf wurde danach offiziell nicht zur Evakuierungszone erklärt und sie kamen wieder nach Hause zurück. Aber 16 Monate später hat man sein Dorf doch zur Evakuierungszone erklärt. Und nun zu solch einer Zone, in die man mindestens fünf Jahre nicht zurückkehren kann.

Der schwarze Pulver

Davon war seit Februar die Rede. Zuerst wurde der schwarze Pulver auf einem Bürgersteig in der Stadt Minami-Soma, 25 km entfernt vom AKW Fukushima I, entdeckt. Gemerkt haben Mitglieder von einer Bürgergruppe. Nach einer Untersuchung wurde festgestellt, dass der mysteriöse Stoff hoch radioaktiv ist: Die Cäsium-Aktivitäten bis zu 1’080’000 Bq/kg.

Seither wurden solche Hotspots in verschiedenen Orten entdeckt. Zum Beispiel in einem Wohngebiet des Tokioter Bezirks Edogawa (243’000 Bq/kg) und um einen Bahnhof im Bezirk Koto (100’000 Bq/kg), aber auch in der Stadt Shiroi in der Präfektur Chiba (76’300 Bq/kg) sowie Takasaki in der Präfektur Gunma (70’000 Bq/kg).

Die Stellen auf dem Asphalt sehen aus wie eine dunkle Flecke. Sie besteht in der Tat aus ausgetrocknetem Moos mit Cyanobakterien. Zu finden sind sie oft am Rand der Strasse oder des Bürgersteig, wo also das Regenwasser sich ansammelt und später wieder trocknet. Zurückbleibt dann die hochkonzentrierte Radioaktivität in der Form vom getrockneten Moos.

Die Fotos können Sie hier schauen.

http://tokyo-mamoru.jimdo.com/%E8%B6%85%E9%AB%98%E6%BF%83%E5%BA%A6%E6%B1%9A%E6%9F%93-%E8%B7%AF%E5%82%8D%E3%81%AE%E5%9C%9F-%E6%83%85%E5%A0%B1/

Cäsium bleibt im Wald

Die Asahi-Zeitung berichtete am 12. Juli über Untersuchungsergebnisse des Instituts für Wald und Waldprodukte, dass radioaktives Cäsium im Wald durch die Schneeschmelze nicht in den Bergstrom ausgefliesst.

Das Forschungsteam von der Stadt Tsukuba der Präfektur Ibaraki, sammelte 324 Wasserproben von sechs verschiedenen Bächen in der Präfektur Fukushima. Die höchste Cäsium-Konzentration betrug 5.9 Bq/l und damit lag unter dem Grenzwert für Trinkwasser (10 Bq/l). Bei meisten Proben war die Konzentration weniger als 1 Bq/l.

Gesammelt wurden die Proben zwischen 1. März und 30 April fast täglich in den Bächen von den Ortschaften Date, Iitate, Nihonmatsu, Aizu-Wakamatsu, Koriyama und Hirono. Nach Analysen der Gruppe bleibt Cäsium, das durch den Atomunfall vom AKW Fukushima I in die Wälder gelangte, im grossten Teil im selben Kreis, da der radioaktive Stoff vom Tonmineral absorbiert oder im Laubschichten zurückbleibt.

Masamichi Takahashi, Forschungskoordinator des Instituts, erzählte der Asahi-Zeitung: „Aus Untersuchungen von Tschernobyl geht hervor, dass Cäsium im Wald zirkuliert und kaum in den Bach hinausfliesst. Unsere Untersuchungen bestätigen, dass es in der Tauzeit mit grösserer Wassermenge auch der Fall ist.“